Weinreise in die Pfalz, 3. bis 5. Juni 2005

Die 25 Mitglieder der Weinakademie, die sich an einem sonnigen Freitagmorgen auf dem Weg an die Weinstrasse machten, waren allesamt schon einmal in der Pfalz. Dieses große Weinanbaugebiet ist seit alters her bekannt.

In den 60er, 70er und 80er Jahren des 20. Jahrhunderts galt die Pfalz als Anbaugebiet für schlichten Konsumwein – von Ausnahmen abgesehen – bestenfalls mittelmäßiger Qualität. Die biedere Präsentation der Weine und der Glykolskandal der späten 70er Jahre taten ihr Übriges, die Reputation der Weinerzeugung in diesem Gebiet zu beschädigen.

Seit den 90er Jahren ist die Pfalz im Umbruch. Durch eine neue Winzergeneration, die durch ihre Ausbildung in allen weinerzeugenden Erdteilen Erfahrung gesammelt hat, wird nicht nur die Qualität gehoben, sondern auch das Marketing ansprechender und dem internationalen Wettbewerb adäquat gestaltet.

Die jungen, innovativen Winzerinnen und Winzer lösen sich vom biederen Image der Pfalz. Das dunkle Eicheninterieur und die launige Darstellung eines trinkenden Mönches in den Probierstuben weicht einem modernen, mediterran anmutenden Ambiente, das der Pfalz sehr gut zu Gesicht steht, da Klima und Vegetation durchaus vergleichbar sind. Dem folgen konsequent auch nicht nur die Weine, sondern die Nebenprodukte aus der Weinerzeugung, qualitätsvoller Tresterschnaps in eleganten Flaschen, phantasievolle Weingelees und Traubenkernöle, die ihren Weg in die Feinkostläden finden und dort den Vergleich mit internationalen Waren nicht zu scheuen brauchen.

Der Freitagmittag begann mit einer 8er Weinprobe in der Winzergenossenschaft Kallstadt, die mit ihrem reichhaltigen Rebsortenangebot die ganze Leistungsfähigkeit einer Pfälzer Kellerei unter Beweis stellt. Die Verkostung dort bot noch einmal einen Rückblick auf die althergebrachte Weinerzeugung und -präsentation, erlaubte aber wegen der guten Qualitäten und der Ankündigung einer Modernisierung der Gebäude auch einen Ausblick in die Zukunft.

Das sich nach dem Einchecken im Mercure Hotel Bad Dürkheim (www.salinenhotel.com) anschließende klassische 4gängige Riesling-Dinner mit begleitenden Weinen im Weingut Spindler in Forst stellte unser Reiseziel auch als kulinarische Destination vor, die mittlerweile auf der Höhe des benachbarten Baden oder des Elsass ist. Das Weingut Heinrich Spindler ist bereits seit 1620 in Familienbesitz und bietet neben 85%iger Riesling-Rebbestockung ein ambitioniertes Restaurant mit sorgfältiger Zubereitung klassischer Speisen. Die lebhafte Diskussion rund um Wein & Marketing, Unternehmertum & EU mit den Mitgliedern der Weinakademie machte auch dem Winzermeister Berthold Klöckner sichtlich Spaß.

Der Samstagmorgen führte uns dann die Weinstrasse entlang Richtung Süden nach Schweigen, zum „Deutschen Weintor. Dort erwartete die Gruppe eine alte Dame, die kenntnisreich über den Weinlehrpfad führte und mit spannenden historischen Details aus der Geschichte dieses direkt an der französischen Grenze liegenden Weinortes zu fesseln wusste.

Bei der anschließenden Degustation im VDP-Weingut Friedrich Becker lernten wir einen engagierten Winzer kennen, der seine höchst eigenwilligen Weine, die bereits 2001 und 2002 im Gault-Millau Erwähnung fanden, mit gesundem Selbstbewusstsein vorstellte.

Einer angenehmen Fahrt durch die romantischen Orte an der Deutschen Weinstrasse folgte, sozusagen als Höhepunkt des Samstags, ein Aufenthalt in Deidesheim mit einer Weinprobe im VDP-Weingut Geheimer Rat Dr. v. Bassermann-Jordan. Der die Gruppe führende Mitarbeiter geleitete uns tief, nicht nur in die beeindruckenden Keller, sondern auch in die Geschichte des Weingutes, die bereits im 18. Jahrhundert mit dem aus einer savoyischen Familie stammenden Andreas Jordan begann.

Seit 1997 ergänzen Weisser Burgunder, Grauer Burgunder, Chardonnay, Spätburgunder und Merlot die klassische Rieslingvielfalt dieses renommierten Weingutes mit seinen insgesamt 42 Hektar Rebfläche in 20 Einzellagen.

Ein gemütliches Indoor-Barbeque im Hotel beschloss den interessanten Reisetag. Der Besuch der modernen Sektkellerei Andres&Mugler in Ruppertsberg am Sonntagvormittag erlaubte einen Blick in die Zukunft des Pfälzer Weinbaus. Die Mitglieder der Weinakademie waren die erste Gruppe, die in dem Kellerei-Neubau eine Weinprobe bekam.

Bereits architektonisch ist dieses Weingut losgelöst von jeder traditionellen Form, Licht und helles Holz bestimmen den Bau. Selbst der Sektkeller befindet sich nicht im Kellergeschoß, sondern zu ebener Erde. Der sympathischen Präsentation von hochwertigen (und allerdings auch hochpreisigen) Sekten schloss sich ein Hoffest im noch nicht gänzlich fertig gestellten Weingut an, in dem das überwiegend jugendlich-urbane Publikum die „neue Pfalz genoss.

Damit vor lauter Önologie auch noch Kultur und Historie stattfinden, absolvierte die Reisegruppe auf der Rückreise bei schönstem Frühsommerwetter einen historischen Stadtrundgang durch Speyer, der durch die alte Reichsstadt zu einem jüdischen Ritualbad und zum Dom führte.

Auf der problemlosen Rückfahrt – sicher chauffiert von einem Busfahrer der Fa. Dippel aus Gilserberg wurden die nächsten Reisepläne der Weinakademie Schwalm-Eder geschmiedet: am 6.8.2005 zum Hoffest beim Weingut Dr. Hubert Gänz in Guldental an der Nahe, am 8.10.2005 in den Rheingau und im kommenden Jahr als Mehrtagesfahrt eine Erkundung von Deutschlands östlichsten Weinanbaugebiet an der Elbe.


Autor: Frank Fulda-Lengen